Viele kennen in der Regel leichte Zwangsphänomene wie z.B. sich aufdrängende Gedanken wie: „Habe ich den Herd ausgemacht? Bin ich mir da sicher?“ Diese Gedanken lösen im ersten Moment in uns eine Unruhe aus, aber wir können uns wieder beruhigen, in dem wir uns sagen: „Ich habe schon oft den Herd ausgemacht, ohne darauf bewusst geachtet zu haben.“

Eine Zwangserkrankung liegt dann vor, wenn man die sich aufdrängenden Gedanken nicht mehr kontrollieren kann; wenn tägliche Handlungen (wie z.B. sich die Hände waschen) immer wieder ausgeführt, immer wieder dasselbe kontrolliert (z.B. elektrische Geräte) oder bestimmte unsinnige Gedanken immer wieder gedacht werden müssen. Am Anfang versuchen die Betroffenen dem Zwang zu widerstehen, ihn zu unterdrücken oder zu ignorieren. Dieser Widerstand geht häufig einher mit unerträglicher Anspannung und oder starken Angstgefühlen.Ein solcher innerer Kampf kostet viel Energie und führt meistens zu einer völligen Erschöpfung. Der Alltag kann dann immer schlechter bewältigt werden. Es kann soweit kommen, dass die Betroffenen ihre gesamte Aufmerksamkeit und Energie auf die Zwänge verwenden und kaum noch zu anderen Handlungen mehr fähig sind. Häufig werden auch Angehörige mit in das Zwangssystem eingebunden.

Leider schämen sich viele Betroffenen wegen ihrer Erkrankung und suchen erst nach jahrelangem Leiden (oft 7-10 Jahre) eine adäquate Behandlung auf. Haben Sie daher den Mut, bei Zwängen frühzeitig Hilfe aufzusuchen.

Zwangshandlungen

Zwangshandlungen sind Verhaltensweisen (z.B. Händewaschen)oder geistige Handlungen (z.B. Zählen), zu denen sich der Betroffene gedrängt fühlt, obwohl sie ihm möglicherweise sinnlos oder zumindest übertrieben erscheinen, dienen aber dazu, Anspannungen und Ängste zu reduzieren. So würde jemand, aus Angst vor einer Ansteckung, sich täglich mehrere Stunden lang und häufig nach bestimmten Handlungsabläufen und Ritualen seine Hände waschen. Zu den häufigsten Zwangshandlungen zählen Wasch- und Kontrollzwänge. Weitere Formen sind Ordnungszwänge, Zählzwänge, Sammelzwänge oder Wiederholungs- und Fragezwänge.

Zwangsgedanken

Zwangsgedanken sind wiederholt auftretende und andauernde Gedanken, Impulse oder Vorstelllungen, die der Betroffene als sinnlos und quälend erlebt und gegen seinen Willen immer wieder auftreten. Die Betroffenen versuchen meist vergeblich, sich gegen die aufdrängenden Gedanken zu wehren. Überwiegend beschäftigen sich Zwangsgedanken mit Verschmutzung (Sorgen wegen Keimen oder körperlicher Ausscheidungen). Weitere Zwangsgedanken haben überwiegend sexuelle (Gedanken an sexuelles Verhalten anderen gegenüber), aggressive („Ich könnte jemanden angefahren haben.“) oder religiöse Inhalte (Befürchtung, Gotteslästerungen zu denken oder auszusprechen) oder beziehen sich auf Ordnung (Sorge, etwas könnte unsymmetrisch stehen) und die korrekte Ausführung bestimmter Tätigkeiten.

Weitere Informationen zu Zwangserkrankungen erhalten Sie auf der Homepage der Deutschen Gesellschaft für Zwangserkrankungen e.V. http://www.zwaenge.de/

Literatur:

Zwangsstörungen verstehen und bewältigen. Hilfe zur Selbsthilfe. Von Fricke, S. und Hand, I. (2007). Psychiatrie-Verlag, Bonn ; ISBN-13: 9783884143650. 

Zwangshandlungen und Zwangsgedanken: Wie Sie den inneren Teufelskreis durchbrechen. Von Klepsch, R. & Wilcken, S. (1998). Trias, Stuttgart; ISBN-13: 9783893733934.

Ratgeber Zwangsstörungen. Von Reinecker, H. (2006). Hogrefe, Göttingen; ISBN-13: 978-3801719333 .

Zwänge überwinden. Von Hornung, W. und Terbrack, U. (2004). Elsevier Verlag, München; ISBN: 3437566105

Erfolgreich gegen Zwangsstörungen. Metakognitives Training – Denkfallen erkennen und entschärfen. Von Moritz, S. (2010). Springer Medizin Verlag, Heidelberg; Online-Ressource SBN 978-3-642-11308-6 .